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Wanderregionen

Den Kern der Sache erkannt

Familie Brütsch setzt vor den Toren Schaffhausens ganz auf Kürbiskerne. Auf dem Griesbacherhof werden die Kerne nicht nur zu Öl und Wandersnacks verarbeitet, sondern prägen auch die Menüs der Gastroanlässe.
06.09.2024 • Text: Reto Wissmann, Titelbild: zvg
Ölkürbisse sieht man auf Schweizer Feldern nicht sehr häufig.

Schwungvoll schüttet Jakob Brütsch einen 25-Kilo-Sack Kürbiskerne in eine Wanne. Von dort gelangen sie über ein Röhrensystem direkt in die Mühle und weiter in eine Art grossen Kochtopf, wo die Masse über dem Holzfeuer schonend geröstet wird, bevor sie in die Ölpresse gelangt. Wenn Köbi an der Arbeit ist, verbreitet sich ein nussig-öliger Geruch über den ganzen Griesbacherhof oberhalb von Schaffhausen. Vier Bauernfamilien und drei Generationen setzen hier – sowie auf einem zweiten Hof im nahen Barzheim – ganz auf Kürbiskerne. 2017 haben die Brütschs neben dem Griesbacherhof ein Produktions- und Verkaufsgebäude aus lokalem Buchenholz bauen lassen. Seither werden darin jedes Jahr rund 80 Tonnen Kürbiskerne verarbeitet. Zudem finden zahlreiche Führungen und Gastro-Events statt.

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Mahlen, Kneten, Rösten: Jakob Brütsch bei der Kürbiskernölproduktion. Bild: Reto Wissmann

Glace mit Kürbiskernöl

Für Letztere ist Rahel Brütsch, die Schwiegertochter von Jakob, zuständig. Die 39-Jährige hatte zunächst eine Lehre als Köchin absolviert und liess sich später zur Ernährungsberaterin ausbilden. Heute empfängt sie Gruppen von bis zu 30 Personen und verwöhnt sie mit ihren Kreationen. Dabei dreht sich natürlich alles um Kürbiskerne: Der Salat wird mit Kürbiskernen dekoriert, die Sauce mit Kürbiskernöl verfeinert, das Filet mit einer Kürbiskern-Kräuter-Kruste überzogen und sogar die Glace zum Dessert mit gebrannten Kürbiskernen und einem Schuss nussigem Kürbiskernöl serviert. Rahel hat sogar schon ein Kürbiskernkochbuch herausgegeben – und bereits über 1000 Exemplare davon verkauft.

Hinter dem Erfolg steckt viel Arbeit und Pioniergeist. In der Schweiz war vorher weder der Anbau von Ölkürbissen noch die Verarbeitung von Kürbiskernen verbreitet. Die Kerne kamen vor allem aus der Steiermark oder aus Osteuropa. Heute produzieren 40 Betriebe Kürbisse für die Schaffhauser Ölmühle, die daraus neben dem kostbaren Öl auch Knabbereien oder Mehl herstellt. Der Trend zu hochwertigen, lokalen Produkten und zu gesunder Ernährung hat dem Projekt sicher geholfen. Kürbiskerne sind proteinreich, enthalten viel Vitamin E und eignen sich auch für Allergiker. Rund 120 Hofläden in der ganzen Schweiz vertreiben heute die Produkte vom Griesbacherhof.

Wandersnack aus Presskuchen

Rahel Brütsch gehen die Ideen nicht so schnell aus. In der Verwertung des sogenannten Presskuchens, den Überresten aus der Ölpresse, sieht sie zum Beispiel noch viel Potenzial. Früher wurde er einfach dem Vieh verfuttert. Doch aus den eiweiss- und ballaststoffreichen Resten lassen sich auch wunderbare Wandersnacks zaubern. Wenn Rahel ans Wandern denkt, kommt die gebürtige Glarnerin ins Schwärmen. Für Ausflüge in die Alpen fehlt ihr zwar leider oft die Zeit, doch auch in der näheren Umgebung gibt es viele schöne Wege. Besonders gefällt ihr die Strecke zwischen Thayngen und Herblingen durchs Churzloch, Langloch und Schlossholz. Spazierend oder joggend kann sie hier bestens über neue Projekte nachdenken.

Mehr Infos

kuerbiskern.ch
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Rahel Brütsch vor dem Verkaufsgebäude. Bild: Reto Wissmann

Grenzwandern in Schaffhausen
Hallau, Gemeindehaus — Trasadingen • SH

Grenzwandern in Schaffhausen

Die Wanderung beginnt im beschaulichen Dorf Hallau. In den schönen Riegelhäusern findet man einige kleine Geschäfte, in welchen man sich vor dem Start nochmals verpflegen kann. Zunächst geht es in Richtung Rebberge hoch. Am Weg steht die imposante Bergkirche St. Moritz. Diese wurde 1491 erbaut und in den 1970er Jahren ausgiebig restauriert. Inmitten von schönen Weinreben wandert es sich weiter sanft den Hügel zum Berghof hoch. Tierfreunde kommen hier auf ihre Kosten. Am Wegesrand blicken Ziegen und Lamas neugierig auf die Wandernden. Auf dem höchsten Punkt des Hallauerbärgs, dem grössten Weinberg der Ostschweiz, geht es eine Weile dem herbstlich-bunt gefärbten Waldrand entlang. Der Rötiweiher wurde nach mehrmaliger Verlandung immer wieder instand gestellt, so dass die Frösche, Kröten und Molche wieder einen Platz zum Laichen haben. Als nächstes gilt es, die Abzweigung nach Egg nicht zu verpassen. Dort geht es dann in den Herbstwald hinein. Einige Nebelschwaden zaubern eine mystische Stimmung. Ist der Schärersgrabe passiert, befindet man sich Aug' in Aug mit unserem Nachbarland. Ennet der Wutach hört man den Güterverkehr auf der Schnellstrasse. Dies dauert nur ein kurzes Stück, denn im Weiler Wunderklingen ist wieder Ruhe. Warum nicht hier eine kleine Pause im Restaurant Mühle einlegen? Weiter geht es im Wald zurück in Richtung Hallau. Dabei passiert man die «Dicke Eiche», ein 600 Jahre alter Baum. Auf der Bank mit Blick auf den Hof, der sich schon auf deutschem Gebiet befindet, lässt es sich gut sinnieren: wie viele Menschengenerationen dieser Baum schon erlebt hat... Schliesslich erreichen diese das Wilchlinger Berghaus, bei welchem das letzte Stück der Wanderung wiederum durch Rebberge auf dem Blauburgunderland Panoramaweg bis zum Bahnhof Trasadingen führt.

Da möchte ich hin

Reto Wissmann

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Nordostschweiz Magazin DAS WANDERN

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