Ein pluvialer Postenlauf mit besonderer Duftmarke
Themenwege sind des Wanderpapas Sache nicht. Deshalb wollte ich auch reflexartig absagen, als uns die Schweizer Post auf ihren POSTenlauf durch die Stadt Bern schicken wollte. Meine Kinder fanden die Idee aber verlockend und so zogen wir los. Im Nachhinein muss ich der Post ein Kränzchen winden: Sie hat der Verlockung der fantasietötenden Bespassung von Wanderkindern widerstanden.
Alle paar hundert Meter ein Posten, der die Kinder zu irgendeinem mässig lustigen Spiel animiert. Und sie damit vom Grossartigen ablenkt, das sie selbst entdecken würden, liesse man ihnen nur die Chance dazu: der Themenweg. Ich mag ihn nicht, höchstens in Einzelfällen. Und ich habe den Tourismusverantwortlichen auch schon Tipps gegeben, womit sie ihn ersetzen können.
Nun hat die Post einen Postenlauf geschaffen, der den Kindern genügend Raum lässt für ihre eigene Entdeckungen. Wir haben uns also am letzten Freitag, kurz vor dem Beginn des Berner Stadtfests, auf die Spur der Wandertiere gemacht. Auf der Karte im Post-Flyer sind lediglich neun Orte eingezeichnet, wo auf Postbriefkästen neun von zehn Wandertiere zu finden sind. Das fehlende zehnte Tier ist die Lösung, um an einem Wettbewerb teilzunehmen (und unter anderem fünf Wanderpapa-Bücher zu gewinnen 😊).
Tierlotto, Sturmwetter und Nebelschwaden
Die Diskussion startet bereits im Bus nach Bern. Die Karte aufgefaltet, werweissen wir, welches Tier nun wo versteckt sein könnte. Der Fuchs natürlich am Postautobahnhof, meint der Nachbarsbub – er und eine Freundin der Zauberfee haben sich uns am Mittag spontan angeschlossen. «All die Menschen machen so viel Abfall, und der Fuchs durchstöbert gern, was Menschen liegen gelassen haben», begründet er. Nein, meint die Zauberfee, der Fuchs sei beim Museum für Kommunikation. Das schlaue Tier passe dort besser hin. Der Fischotter am Wasser der Aare unten, der Schmetterling bei den Blumen im botanischen Garten, der Steinbock beim Klettern auf der Kornhausbrücke – die Diskussion nimmt kein Ende. Meine Tochter zückt den Kugelschreiber und notiert sich alle Tiere auf der Karte wie bei einem Lotto.
Kaum ausgestiegen, giesst es wie aus Kübeln, der Wind verbläst uns unsere Schirme. Beim Postautobahnhof finden wir bald das erste Tier – nicht der Fuchs. «Mit welcher Logik denken Erwachsene?», wundern sich die Kinder über die Postenlauf-Erschaffer, weil das gefundene Tier so gar nicht ihren Vorstellungen entspricht. Dieselbe Frage wiederholt sich am Bundesplatz. Hier wird das Kinderinteresse aber bald abgelenkt von der grossen Festbühne, einer Bank mit einem roten Alarmknopf, mit welchem eine Trockeneiswolke die Anwesenden einnebelt, und und und.
Schaukeln, Murmeltiere und ein altes Urinoir
Auf dem Abstecher zum Museum für Kommunikation entdecken die Kinder zwei Schaukeln, die nur aus einem Seil bestehen: Der Balanceakt fasziniert, an ein Weiterkommen ist kurzfristig nicht mehr zu denken. Am Zytglogge und auf dem Münsterplatz finden die Kinder Murmeli, aber nicht jene des Postenlaufs, sondern ein ausgestopftes Tier im Schaufenster einer Apotheke und ein Holzmurmeli am Feststand der Post. Die Jungs dürfen dann noch an den Zytglogge pinkeln – dort ist ein historisches «Patent Oel-Urinoir System Beetz (ohne Wasserspülung geruchlos)» noch immer in Betrieb. Klar halten wir uns an die dort angebrachten Regeln: «Man bittet um grösste Reinlichkeit und Ordnen der Kleider in der Anstalt», lesen wir auf einem alten Schild.
Glace, Streit und Fussschweiss
Nun geht es die Altstadt hinab, wir können nicht ohne Halt an der dortigen Gelateria vorbeiziehen. «Wer hat gesagt, dass man bei Regen keine Glace essen kann?», fragen wir uns. Die Brunnen in der Kramgasse laden zum artistischen Trinken ein. Und dann zeigt uns die Freundin der Zauberfee einen Geheimweg, um von der Altstadt an die Aare zu gelangen. Wir verschwinden zwischen zwei Häusern, die Treppe führt uns durch einen kleinen Urwald, den wir hier in der Stadt nicht vermutet hätten. Nach den Wandertieren am Läuferplatz und beim Bärengraben wird der Wettbewerb spannend: Noch zwei Tiere fehlen.
Doch erst steht der steile Anstieg zum Rosengarten an und die Motivation der Kinder ist etwas auf der Kippe. So entscheiden wir uns, fürs nächste Stück des Weges den Bus zu nehmen. Kurz vor der Kornhausbrücke geraten die Kinder gar noch in einen Streit, welches nun das letzte Tier sein könnte. Ich schlichte erfolgreich, und so kommt alles zu einem guten Ende. Nur die Füsse sind definitiv nass. Zum Glück haben sie uns am Post-Feststand auf dem Münsterplatz mit blauen Wandertiersocken ausgerüstet. Dem Sockenwechsel auf dem Heimweg im Bus steht also nichts im Weg – ausser vielleicht einigen Fussgerüchen, die sich unter den übrigen Passagieren verbreiten.
Der POSTenlauf ist noch bis am 24. Juli ausgesteckt. Mehr Infos dazu auf www.post.ch/postenlauf.
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