Kurz und anspruchsvoll unterwegs im Puschlav
Sehr kurz, aber dennoch anspruchsvoll: Im Puschlav wurde diese Woche ein neuer Bergwanderweg eingeweiht. Ich war letztes Wochenende dort für eine Reportage für WANDERN.CH. Diego Battilana von den Bündner Wanderwegen hat mir den „Runchett da Sotsassa“ bei dieser Gelegenheit gezeigt. Hinter dem Weg steckt mehr als die Freude am Wandern.
Die Brücke des neuen Wegs ist schon vom Zug aus sichtbar: Die Holzkonstruktion erstreckt sich über ein Tobel – gesäumt von derzeit herbstlich gefärbten Bäumen – und fügt sich gut in die steilen Hänge oberhalb des Dorfes ein. Sie könnte dereinst das Wahrzeichen von Poschiavo werden, so wie sie da oben thront. Um die Brücke zu erreichen, steigen wir aber erst eine steile Steintreppe zwischen Gärten hoch. Rechts davon verläuft eine wunderschöne Trockenmauer, es wird nicht die letzte sein, die wir auf dem Rundgang antreffen werden. Der Weg sei kein Spazierweg, auch wenn er innert etwa einer Dreiviertelstunde zu machen ist, erklärt Diego, als wir oben ankommen. „Es hat einige Stellen, die Anforderungen an den Wanderer stellen.“ Bald wird klar, was er damit meint: Der Weg führt mehrmals oberhalb steiler Hänge und Felswände durch.
Bald erreichen wir die erste von zwei Terrassen aus Trockenmauern, die zugänglich sind. Zwei schlichte Holzbänke stehen hier, auf denen der Besucher die Aussicht auf das Dorf und die gegenüberliegende Bergkette geniessen kann. „Auf diesen Terrassen wurde früher Gemüse und Obst gepflanzt“, erklärt Diego. Und künftig soll dies wieder der Fall sein: „Wir möchten einen Schaugarten einrichten, zum Beispiel mit alten Apfelsorten und Beerenplantagen.“ Wir – das ist die Stiftung Terra Nostra, die extra für dieses Projekt gegründet worden ist: Sie hat mit den Eigentümern der Grundstücke verhandelt, wo der Weg durchführt. Hat mit ihnen zusammen geschaut, wo gerodet wird und wo ein Zaun hinkommt, um die Privatsphäre der Anwohner zu schützen. Nun führt der Weg mit etwas Auf und Ab dem Hang entlang – eine tolle Wanderung, die sich lohnt.
Die Steinterrassen oberhalb Poschiavo waren bisher nur schwer zugänglich und wurden in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt: Entsprechend verwildert und überwuchert waren sie, als die Gemeinde das Projekt vor zwei Jahren in Angriff nahm. Gemeinsam mit Arbeitslosen wurden sie wieder in Stand gestellt, Trockenmauern wurden saniert. Noch ist der Weg nicht offiziell markiert, doch das soll bald folgen, wenn es nach dem Verein geht. „Wir möchten den Weg ins Wanderwegnetz des Kantons Graubünden integrieren“, sagt Diego.
Lange Anfahrt – kurze Wanderungen: Ideal für Kinder
Mir gefällt das Projekt ganz besonders. Nicht nur der Weg an sich ist bestechend, auch die Idee dahinter. Das Puschlav ist so weit entfernt, von Bern her sind es etwa sieben Stunden. Plane ich also eine Wanderauszeit dort, muss ich mehrere Tage Zeit haben und dort übernachten. Doch allein die Hinreise frisst mir einen Tag. Komme ich am frühen Nachmittag in Poschiavo an, bleibt keine Zeit oder Energie mehr für eine lange Wanderung. Der Runchett da Sotsassa kommt mir da gerade recht. Oder auch die Talwanderung von Poschiavo nach Miralago, die entlang des Flüsschens und des Sees führt – wunderschöne einfache Touren, ideal für den An- oder Abreisetag. Oder für kleine Kinder. Gerade der Runchett da Sotsassa finde ich ideal: Kurz, aber anspruchsvoll. Kinder lieben Herausforderungen, dieser Weg ist ein idealer Einstieg ins Bergwandern.
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